Rede zum Abschied aus der Landespolitik – aber nicht aus der Verantwortung

"Nach 2 Legislaturperioden im Thüringer Landtag geht für mich 2024 eine in meinem Leben sehr prägende Zeit zu Ende. Ganz nah dran an den Entscheidungen, mitgestalten zu können, was Gesellschaft und Politik prägt, war oft sehr bereichernd, oft aber auch ernüchternd, manches Mal bitter - und immer herausfordernd! Dass neben viel Privaten auch manches Ideal auf der Strecke bleibt – das war für mich von Anfang an klar, und doch habe ich mich vor vielen Jahren entschieden, Thüringen aus der Partei Bündnis 90/DIE GRÜNEN mit zu gestalten.

Als Landessprecherin und dann ab 2015 als Abgeordnete im Thüringer Landtag. Allerdings stand für mich für meine Kandidaturen für den Landtag fest, dass ich diese Aufgabe nicht länger als 2 Legislaturen wahrnehmen werde. Für mich war von Beginn an klar, dass ich dieses wichtige politische Amt nur für eine Zeit ausüben werde. Weil ich der Überzeugung bin, dass Mandate begrenzt sein sollen. Diese Begrenzung ist meine ganz persönliche Sicht auf dieses Amt: Ich bin stolz und sehr dankbar, dass mir das Vertrauen für diese beiden Amtszeiten ausgesprochen wurde. Aber ich möchte den Blick von außen nie verlieren.

Ich bin sehr glücklich darüber, mitgestaltet zu haben. Habe viele tolle engagierte Menschen kennengelernt, mir wurden Einsichten und Hintergründe in viele verschiedene Fachgebiete gewährt. Das Ringen um Verständigung mit den Koalitionsfraktionen, der Meinungsaustausch und die kleinen Siege, all das hat die Arbeit reich gemacht.

Aber ich habe auch die Kehrseite erlebt: das parteiinterne Ringen – nicht nur bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Verbitterung, Konkurrenz, Streit, Feindschaft. Trotz allem habe ich in den vergangenen Jahren mit Leidenschaft Politik gemacht, vor Ort, für die Menschen.

Ich bin Realpolitikerin, dazu gehört für mich eben auch: Jedes Anliegen ernst zu nehmen und gemeinsam eine Lösung zu suchen – und zu finden. Dazu gehörte für mich auch: vor Ort zu sein, mich den Forderungen zu stellen, auch wenn der Gegenwind manchmal heftig war. In der Landtagsblase selbst zu sein, war mir nie genug. Für mich gehört zur politischen Arbeit immer, mich den Realitäten in der Fläche zu stellen. Aber auch: mir selbst treu bleiben und nicht an Posten zu kleben. Insofern stand eine erneute Kandidatur für die Grüne Landesliste für mich nie zur Debatte – so kann ich weiter an jedem Morgen in den Spiegel schauen.

Ja. Ich hätte gern noch mehr bewegt, mehr vorangebracht.

Doch das war einerseits auf Grund der schwierigen Lage in der Landespolitik nicht möglich. Hier hätte ich mir oft mehr Toleranz und Verständigungswillen innerhalb der demokratischen Fraktionen gewünscht. Mehr gemeinsamen Gestaltungswillen und weniger Ellenbogen. Das hätte ich mir aber auch in der eigenen Partei gewünscht. Damit meine ich nicht nur die oft fehlenden Gemeinsamkeiten zwischen Partei und Fraktion. Damit meine ich auch den ganz persönlichen menschlichen Umgang miteinander. Ich war und bin mit vielen Dingen, die insbesondere in den letzten Monaten passiert sind, nicht einverstanden. Und nicht nur, weil meine Amtszeit endet, ertappe ich mich seit langer Zeit immer mehr dabei, dass ich Partei- und Fraktionsentscheidungen nicht mit meinem Gewissen vereinbaren kann. Damit meine ich die Politik auf Bundesebene, die eine zerrissene Koalition zeigt.

Klar: Demokratie ist Ringen um die bestmögliche Lösung, auch mit Kröten- schlucken. Da würde ich mir schon mehr Kommunikation und mehr Erklärungen wünschen, um der Unsicherheit und auch manch Unverständnis der Menschen im Land mehr entgegensetzen zu können. Damit meine ich auch Thüringen. Und da spreche ich hier ganz klar die Entlassung von Dirk an. Eine völlig überzogene Aktion, die einem extrem engagierten Menschen traf. Und gerade deshalb so bitter ist. Für mich war es der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Ein solches Politikgebaren kann und will ich nicht mehr mittragen. Allein mein persönliches Verantwortungsbewusstsein den Themen gegenüber, die ich in der Fraktion vertrete, hat mich dazu bewogen, diese Legislatur bis zum Ende durchzuziehen. Und so ist es nur logisch, dass ich zu diesem Zeitpunkt meinen persönlichen Rückzug aus der Politik zum Ende der jetzigen Wahlperiode öffentlich mache. Bis September werde ich weiter mit allen Kräften für eine gute Politik im Thüringer Landtag kämpfen, besonders natürlich in meiner Herzensangelegenheit: das ist für mich die Gesundheitspolitik. Dennoch wird mir die eine und andere Gelegenheit zur Reflexion und Zeit zur Rückbesinnung bleiben.

Meine Entscheidung ist richtig, und es ist fühlt sich auch richtig an, Ross und Reiter zu benennen. Mein besonderer Dank geht an meine Familie und an mein Team - die mich immer begleitet haben , ohne Euch wäre ich nicht so weit gekommen. Was werde ich vermissen? Den ehrlichen Streit um ehrliche Standpunkte, der mich in die aktive Politik geholt hat. Doch den kann und werde ich an anderer Stelle weiterführen."

Babette Pfefferlein, zur Landesdelegiertenkonferenz im Volkshaus Jena



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