Bericht: Mein Praktikum im Landtag bei der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

 

Christopher Muck absolvierte im Dezember 2021 ein Schülerpraktikum bei uns in der Landtagsfraktion im Thüringer Landtag. 

 

 

 

Über mich

Ich bin Christopher Muck, bin 16 Jahre alt und gehe auf die Internationale Schule in Weimar (Thuringia International School, kurz ThIS). Ich interessiere mich schon seit einiger Zeit für Politik. Die politischen Entscheidungen rund um Corona und die Bundestagswahlen haben dieses Interesse nur noch vergrößert. Als meine Mutter mir mitteilte, dass ein Praktikum der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Thüringer Landtag möglich sei, wusste ich schnell, dass dieses Praktikum eine gute Wahl sein würde. Das Plenum, über das ich berichten werde, fand vom 15. bis zum 17. Dezember 2021 statt.

 

Warum bei den Grünen?

Die Ziele und Ideale der Grünen sind die, zu denen ich auch stehe. Ich finde, dass die Umsetzung von konsequentem Klima- und Artenschutz eine der wichtigsten Aufgaben ist, die die Welt, und vor allem auch Deutschland als wirtschaftsstarke Nation, bewältigen muss. Die Grünen haben dafür, meiner Meinung nach, die richtigen Pläne. Auch im Hinblick auf die Sozialpolitik, die für Ausgleich sorgen muss, damit Menschen mit geringeren Einkommen keinen Schaden durch den Wandel hin zur Klimaneutralität, oder vielleicht sogar Klimapositivität, erleiden müssen. Darüber hinaus vertritt die Partei Progressivität, Toleranz, Weltoffenheit und wendet sich gegen jede Form des Extremismus, was ohne Zweifel meinen Werten entspricht. Aus diesen Gründen finde ich, dass die Partei die zukunftsfähigste ist und deshalb wollte ich mich in Form eines Praktikums erkundigen, wie der Berufsalltag der Thüringer Landtagsfraktion aussieht.

Weil anscheinend viele Thüringerinnen und Thüringer die Werte der Grünen nicht teilen, ist die Fraktion der Grünen im Landtag vergleichsweise klein mit nur fünf Abgeordneten. Dementsprechend hatte ich die Gelegenheit, jedem von ihnen zu begegnen und mich ein wenig mit ihnen zu unterhalten. Ich habe sie als bodenständige und dennoch überzeugte Menschen erlebt, die mit ihren Kolleginnen und Kollegen als Gleichgestellte umgingen und sehr motiviert waren, ihre Arbeit auszuführen.

 

Die Fraktionssitzung

Das Erste, das ich miterlebt habe, war die Fraktionssitzung, die wie jeden Mittwoch stattfindet. Zunächst wurde über aktuelle Themen von den Abgeordneten, dem Kabinett und dem Landesvorstand berichtet. Das meist-angesprochene Thema war Corona. Es wurde über die Überlastung der Intensivstationen, 3G- und 2G-Maßnahmen, Coronaleugnern und die Spaltung der Gesellschaft durch Verbreitung von Falschinformationen gesprochen. Des Weiteren wurde über die Beziehungen zu anderen Fraktionen des Landtages und über Gesetzentwürfe und Anträge, die im Plenum verhandelt werden würden, gesprochen und wie die Fraktion dazu steht.

Danach wurde die Haushaltsklausur im kommenden Jahr besprochen und welche Ausgaben der Fraktion wichtig sind. Anschließend wurde die Situation rund um das Corona-Virus im Detail besprochen. Es wurde auf die neueste Verordnung eingegangen, unter anderem darauf, dass nötige Vorkehrungen im Gesundheitssystem getroffen werden müssen, damit durch die höchstwahrscheinlich kommende, heftige Omikron-Welle keine systematische Überlastung droht. Als Letztes in Bezug auf Corona wurden die Demonstrationen der Querdenker angesprochen, die mit ihren „Spaziergängen” gegen die Corona-Maßnahmen protestieren, teils mit rechtsextremen Motiven. Aus diesem Grund forderten die Grünen, was sie dann auch später im Plenum eingebracht haben, dass Gegendemonstrationen im größeren Umfang als bislang erlaubt sein sollen, immer unter der Bedingung der Maskenpflicht.

Der letzte Teil der Fraktionssitzung bestand daraus, zu besprechen, welche Tagesordnungspunkte im Plenum vorkommen werden, was inhaltlich in Anträgen und Gesetzentwürfen steht und wie die Abgeordneten abstimmen werden und nicht zuletzt, zu welchen Themen Öffentlichkeitsarbeit gemacht wird.

Im Allgemeinen wirkte die Fraktionssitzung auf mich sehr strukturiert: jeder schien zu wissen, welcher Teil wem zusteht. Außerdem war der Umgang miteinander weitaus freundlicher als der Umgang im Plenum: es schien eine aufeinander eingespielte Arbeitsgemeinschaft zu sein. Ehrlich gesagt war das für mich nicht sonderlich überraschend. Überraschend war eher, dass es bei einer wöchentlichen Sitzung so viel zu besprechen gibt und dass sie mehrere Stunden dauert.

Manchmal konnte ich der Fraktionssitzung nicht folgen, denn es wurden Begrifflichkeiten verwendet, die man außerhalb der Politik selten bis gar nicht verwendet wie „Ewigkeitslasten”, oder Abkürzungen wie „PÖA” für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.

 

Das Plenum

Den größten Teil der Zeit habe ich damit verbracht, das Plenum zu beobachten. Die meiste Zeit habe ich das Plenum über den Livestream verfolgt und mich bei Fragen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraktion gewendet. Ich habe allerdings bei Weitem nicht alles gesehen, was im Plenum geschehen ist, denn das Plenum hat sich bis zu 10 Stunden am Tag hingezogen. Folglich werde ich nur über das berichten, was ich gesehen habe und was ich interessant fand.

 

Die Tagesordnungspunkte

Am Anfang des Plenums am Mittwoch ab 14 Uhr wurde über Veränderungen der Reihenfolge der Tagesordnungspunkte gesprochen. Da fiel auf, dass die AfD fast schon Spaß daran hatte, diesen Prozess unnötig in die Länge zu ziehen. Immer dort, wo eine Abstimmung möglich war, hat sich der AfD-Abgeordnete Möller gemeldet, um eine Abstimmung zu starten, die er unmöglich gewinnen konnte, denn er musste wissen, dass keine andere Fraktion mit seiner abstimmen würde. Abgesehen davon verlief es sehr ruhig und geordnet.

 

Die Aktuelle Stunde

Danach kam es zum wirklichen ersten Tagesordnungspunkt: die sogenannte „Aktuelle Stunde”, in der jede Fraktion ein Thema zur Debatte einbringen konnte. Viele davon haben Corona thematisiert: die Grünen im Hinblick auf Proteste gegen Corona-Maßnahmen (wie bereits erwähnt), die AfD im Hinblick auf einen „Wortbruch” durch die mögliche Einführung einer Impfpflicht, die FDP bezüglich des Schutzes von älteren und pflegebedürftigen Menschen in Thüringer Pflegeheimen und die CDU im Hinblick auf Unterstützung für Einzelhändler und Gastronomen.

Nur die Linke, mit dem Thema Beschleunigung der Aufnahme schutzbedürftiger Ortskräfte, und die SPD, mit dem Thema nachhaltige Zukunft im Werra-Kali-Revier, haben ein Thema gewählt, dass nicht direkt mit dem Coronavirus zu tun hatte. Das zeigt, was mich nicht unbedingt überrascht hat, dass das Thema Corona für jedes politische Spektrum relevant ist. Im Allgemeinen wird dadurch vermittelt, dass das Thema ernst zu nehmen ist und von den Fraktionen im Landtag in verschiedensten Weisen auch ernst genommen wird.

In der Besprechung der Aktuellen Stunden kam jede Fraktion zu Wort und dementsprechend zog sich dieser Tagesordnungspunkt in die Länge und das, obwohl jeder Sprecher und jede Sprecherin nur fünf Minuten Redezeit hat. Dennoch schien die Zeit für die jeweiligen Redner sichtbar völlig ungenügend. Viele haben sehr hastig gesprochen, um alles zu sagen, was sie zu sagen haben. Das hat mich etwas verwundert, denn dieses hastige Reden strahlte, meiner Meinung nach, Unsicherheit aus und half dem Verständnis für das Gesagte nicht. Was mich gestört hat, waren die Zwischenrufe der AfD. Vor allem, weil der Abgeordnete Olaf Kiessling, seine Maske deswegen abgesetzt hatte, was ohne Frage zeigt, dass er nicht verstanden hat, warum Masken getragen werden sollen.

 

Der Thüringen-Monitor

Am nächsten Tag wurde die Studie der Universität Jena, der Thüringen-Monitor, vom Ministerpräsidenten Bodo Ramelow vorgestellt. Diese Studie handelt von „Demokratie in der Corona-Pandemie”, dem Demokratiebewusstsein und auch dem Rechtsextremismus im Freistaat. Der Ministerpräsident redete fast eine ganze Stunde, woraufhin die Redezeiten der Fraktionen im Landtag darauf angepasst wurden und somit wurde die meiste Zeit des Tages für die Besprechung der Ergebnisse des Thüringen-Monitors genutzt. Die Regelredezeit der grünen Fraktion betrug 11 Minuten und 40 Sekunden, sie verlängerte sich dadurch, dass der Ministerpräsident seine Redezeit überzogen hat.

Der Ministerpräsident berichtete von teils ernüchternden Ergebnissen sachlich und nicht euphorisch. Nichtsdestotrotz versuchte er, die Ergebnisse für seine Regierung positiv darzustellen. Ein großer Bestandteil des Thüringen-Monitors war dem Thema Corona gewidmet und dementsprechend gab er zuerst die Sachlage wider: alle Statistiken rund um das Impfen und ein Kommentar zur pandemischen Situation. Dies wirkte jetzt schon sehr selbstkritisch und so, als ob er sich bewusst wäre, welche Fehler begangen wurden. Ein bisschen Reue schien sich unterschwellig zu zeigen.

Danach ging er auf die Ergebnisse der Studie ein, die er relativ sachlich wiedergab: Er machte deutlich, dass es einige Kritik am Pandemiemanagement seiner Regierung gab. Diese begründete er aber dadurch, dass es, wie er es sagte, eine Widersprüchlichkeit der Erwartungen gäbe, die daraus bestünde, dass ein Teil der Menschen weniger milde Maßnahmen möchte und sich gleichzeitig der andere Teil der Menschen striktere Maßnahmen wünscht.

Er bedankte sich bei den Autorinnen und Autoren des Thüringen-Monitors, gab einen Bericht ab von dem, was die Regierung gemacht hat und stellte zukünftige Maßnahmen in Aussicht, auch im Sinne des Thüringen-Monitors. Dann ging er auf bisherige, bestehende und zukünftige Corona-Maßnahmen ein. Das schien er zu machen, um der Kritik entgegenzuwirken, die durch den Thüringen-Monitor offensichtlich geworden ist. Demnach stärkt das den selbstkritischen Ansatz, den der Ministerpräsident mit dieser Rede, meiner Meinung nach, ausstrahlte. Anschließend ging er wieder direkt auf den Thüringen-Monitor ein, mit dem Thema Demokratieverständnis, und stellte die Forderung, dass es eine öffentliche Anhörung anlässlich der Regierungserklärung geben sollte. Zwischendurch trieb er wieder vom Thema Thüringen-Monitor ab und appellierte an die neue Bundesregierung sowie an gute Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinaus. Abschließend präsentierte er noch, was in der Regierung alles erreicht wurde, lobte die in Thüringen beheimateten wissenschaftlichen Institutionen und was in Zukunft, seiner Meinung zufolge, alles erreicht werden muss und kann.

Insgesamt war der Thüringen-Monitor zwar das zentrale Thema der Regierungserklärung, es wurde aber auch sehr weit abgeschweift, um auf die Erfolge der Regierung aufmerksam zu machen und um, wie es schien, die offensichtlich gewordene Kritik durch den Thüringen-Monitor auszugleichen. Dementsprechend war der selbstkritische Anschein, der am Anfang der Rede ausgestrahlt wurde, zum Ende hin nicht mehr vorhanden.

Im Anschluss hatte jede Fraktion des Landtages die Chance, ihre eigene Sichtweise auf die Ergebnisse der Studie zu verkünden. Allerdings haben die Reden meist nur entfernt mit den Ergebnissen zu tun gehabt, wie zum Beispiel die des Fraktionsvorsitzenden der CDU, Mario Voigt, der zwar die Themen des Thüringen-Monitors aufgriff, zum Beispiel Rechtsextremismus und das Corona-Management der Regierung, das er ausdrücklich kritisiert, aber nicht direkt auf die Daten und Analysen des Thüringen Monitors einging.

Zusammenfassend griff jede Fraktion auf, was sie am wichtigsten findet und was zu ihren Grundwerten zählt, mit loser Verbindung zu den Ergebnissen der Studie. Matthias Hey von der SPD sprach über Solidarität und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Björn Höcke von der AfD beschwerte sich über die, seiner Meinung nach, unverantwortlichen und unbegründeten Corona-Maßnahmen und die „mangelnde“ Demokratie in Deutschland. Thomas Kemmerich und Dirk Bergner von der Gruppe der FDP redeten über Toleranz, übten aber auch Kritik gegen die bestehenden Corona-Maßnahmen (mitunter im Sinne der Unternehmer). Steffen Dittes von den LINKEN hob die Ergebnisse des Thüringen-Monitors positiv für seine Fraktion hervor. Astrid Rothe-Beinlich von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte, dass es wichtig ist, sich gegen den Rechtsextremismus in Thüringen zu stellen und sprach sich für die Corona-Maßnahmen aus.

Diese Debatte war, obwohl sie sich so lange hingezogen hatte, für mich sehr interessant, vor allem, weil die Ergebnisse von jeder Fraktion gemäß ihren politischen Einstellungen interpretiert beziehungsweise sogar ignoriert wurden. Wahrscheinlich ist der Grund, warum manche Fraktionen nicht auf die Ergebnisse eingegangen sind, dass die Ergebnisse die jeweilige eigene Ansicht nicht gut dastehen lassen würde. Dementsprechend hat mir diese Debatte auch gezeigt, dass das nicht Ausgesprochene, beziehungsweise das Ausgelassene, ebenfalls sehr wichtig für das Verständnis politischer Debatten/Auseinandersetzungen ist.

 

Anträge, Gesetzentwürfe und Wahlen

Der Gesetzentwurf, der mir am meisten in Erinnerung geblieben ist, war der Gesetzentwurf der CDU zur Änderung des Thüringer Schulgesetzes. Die Änderungen bestanden im Prinzip darin, dass Schülerinnen und Schüler in jeder Klasse sitzen bleiben können und dass Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen öfter Förderschulen besuchen sollen. Die regierungstragenden Fraktionen, bestehend aus LINKE, SPD und Grünen lehnte diese Änderung des Gesetzes ab und stimmte, mit der Begründung das Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen nicht getrennt von anderen unterrichtet werden sollen, dagegen. Stattdessen, so der Bildungsminister Helmut Holter, wolle man Inklusion und dementsprechend die Beibehaltung der aktuellen Fassung des Gesetzes. Der Abgeordnete der CDU, Christian Tischner, widersprach alledem und sagte, dass die Regierung die Gesetzesänderungen nicht verstanden hätte. Daran konnte man sehen, dass Bildung für viele ein sehr aufgeheiztes Thema ist und daher wurde, so empfand ich es, intensiver debattiert als bei anderen Themen.

Der Gesetzentwurf allein war eigentlich nicht der Grund, warum ich diesen Tagesordnungspunkt in Erinnerung habe. Es war die dazugehörige Abstimmung. Für Gesetzentwürfe, so hatte ich erfahren, gibt es im Plenum eine „erste Beratung”, so war es hier der Fall. Dabei wird darüber abgestimmt, ob das Gesetz dem passenden Ausschuss (in dem Fall der Bildungsausschuss), wo nur die Abgeordneten sitzen, die auf dieses Thema spezialisiert sind, übergeben wird. Der Ausschuss berät das Gesetz dann im Detail, woraufhin es bei einem weiteren Plenum zur „zweiten Beratung” eingebracht und darüber abgestimmt wird. Wenn die Mehrheit dann wieder dafür stimmt, wird es dann zu einem Gesetz oder zu einer Gesetzesänderung.

Hier bei der ersten Beratung wurde namentlich mit den Namenskarten abgestimmt, weil die Abstimmung per Handzeichen wegen einer knappen Auszählung zweimal angezweifelt worden war. Während der laufenden Abstimmung kamen Abgeordnete in den Plenarsaal und folglich änderte sich das Ergebnis. Bei der Abstimmung mit den Namenskarten hatten zwei AfD-Abgeordnete doppelt gewählt und einer, mutmaßlich Stefan Möller, hatte zwei Stimmkarten abgegeben von einem Fraktionskollegen, Torben Braga, der überhaupt nicht anwesend war. Das war ohne Zweifel ein dreister Betrugsversuch, selbst von der AfD hätte ich das nicht erwartet. Später entschuldigte sich der Abgeordnete Henke von der AfD, er habe die Stimmkarten versehentlich eingeworfen.

Einmal hatte ich auch die Chance, das Plenum nicht nur im Livestream, sondern selbst im Plenarsaal zu verfolgen. Der Tagesordnungspunkt hieß: „Pharmazeutische und zahn-medizinische Versorgung im ländlichen Raum sicherstellen”. Konkret ging es darum, dass Ärztinnen und Ärzte und Zahnärztinnen sowie Zahnärzte sich auf dem Land verstärkt niederlassen, sodass dann die Menschen, die auf dem Land wohnen, unmittelbaren Zugang zu zahnärztlicher Versorgung haben.

Damit ich persönlich im Plenarsaal dabei sein konnte, musste ich vorher einen Corona-Schnelltest machen. Auf die Besuchertribüne durfte ich nicht, denn dort saßen die ungetesteten AfD-Abgeordneten. Für mich war das schon komplett anders, als den Rednern aus dem Livestream heraus zuzuhören, weil ich hinter den Abgeordneten der Fraktion der Grünen (auf einem Referentensitz) saß und somit einen guten Überblick über all die anderen Abgeordneten hatte.

Dabei ist mir aufgefallen, dass die meisten Abgeordneten nur mit halbem Ohr zugehört haben. Stattdessen waren sie an ihren Computern am Arbeiten oder mit ihren Handys beschäftigt. Bei diesem Tagesordnungspunkt hatte auch wieder jede Fraktion die Möglichkeit, sich für oder gegen den Antrag auszusprechen. Die Antragsteller, Rot-Rot-Grün (auch die Gesundheitsministerin Heike Werner) und die Gruppe der FDP, sprachen sich logischerweise für ihren Antrag aus, dankten sich gegenseitig für die produktive Zusammenarbeit und bezeichneten den Antrag als richtigen und wichtigen Schritt. Christoph Zippel sprach sich im Namen der CDU-Fraktion dagegen aus, weil er keine wirkliche Verbesserung in dem Antrag sah, im Gegensatz zu ihrem Antrag, der im Januar im Plenum zur Verhandlung stehen würde. Für die AfD sprach die Abgeordnete Corinna Herold, die die Maßnahmen aufs schärfste kritisierte: Die Maßnahmen seien nicht ausreichend und es würde trotzdem zu einem systematischen Zusammenbruch kommen. Dennoch, zur Überraschung vieler Abgeordneten, verkündete sie, dass die AfD für den Antrag stimmen würde, denn, ihr zufolge, sei der Antrag besser als nichts. Auch die AfD-Fraktion selbst war überrascht und beantragte deswegen 30 Minuten Bedenkzeit. Danach wurde ein letztes Mal debattiert und, als die Debatte vorbei war, ging es in die Lüftungspause, woraufhin ich dann das Plenum verlassen habe.

Obwohl ich mich nicht sonderlich mit dem Thema befasst habe und somit nicht immer alles verstanden habe, war es für mich höchst interessant auch zu sehen, wie die Abgeordneten miteinander umgehen. Das heißt, wie viel Aufmerksamkeit sie den Reden von den Abgeordneten aus anderen Fraktionen schenken, denn das alles war über den Livestream nicht zu sehen.

 

PÖA

Ich hatte während meines Praktikums ebenfalls die Chance zu erfahren, was in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gemacht wird. So habe ich erfahren, welche Aufgaben die PÖA zu erfüllen hat: zum Beispiel Pressemitteilungen und kurze Statements zu schreiben, um auf verschiedenen sozialen Netzwerken auf die Abgeordneten und ihre Aussagen aufmerksam zu machen und generell für die Ziele der grünen Fraktion zu werben. Generell habe ich die Komplexität des Landtags, also wie viele Menschen in der Verwaltung tätig sind oder in den Fraktionen den Abgeordneten zuarbeiten, sehr unterschätzt.

 

Fazit

Wie das Plenum selbst abläuft, hat mich eher nicht überrascht. Ganz im Gegenteil: Ich bin froh darüber, dass es im Landtag tatsächlich so seriös und zivilisiert zuging, wie ich es mir vorgestellt habe. Ebenfalls beruhigend fand ich, dass das Thema Bildung besonders wichtig für die Abgeordneten zu sein schien, denn eine Modernisierung des Thüringer Schulsystems ist ohne Frage von großer Bedeutung, nicht nur aus meiner Perspektive, die eines Schülers, sondern allgemein für die jetzige und zukünftige Gesellschaft Thüringens.

Auch die Art, wie die Abgeordneten ihre Reden gehalten haben, hat mich nicht sonderlich überrascht, da ich bereits über die Fraktionen und deren Ziele Bescheid wusste. Dennoch war es interessant, die Abgeordneten in voller Länge zu hören und welchen Redestil sie verwenden, also wie sie versuchen, Menschen von ihren Ideen und Vorhaben zu überzeugen.

Wie ich bereits erwähnt habe, habe ich die Komplexität des Landtages insgesamt unterschätzt, auch, weil man es sich von außen schlecht vorstellen kann, was alles außerhalb des Plenums abläuft. Auch innerhalb des Plenums waren mir viele Abläufe unbekannt und somit habe ich durch dieses Praktikum gelernt, wie dieses Land regiert wird und wie die Demokratie in Deutschland auf Ebene der Bundesländer aufgebaut ist.

Ich denke, dass das für mich sehr wichtig war, denn in der Politik wird entschieden, wie wir leben, sowohl jetzt als auch mittel- bis langfristig in die Zukunft hinein, und einen Überblick über diese Geschehnisse zu haben, die das entscheiden, ist allemal ein Vorteil.



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